Essigmutter
Allgemeine Informationen
Herstellung
von
Apfel und Fruchtessig
Geschichte
der Essigfermentation
Essig bzw. Essigsäure stellt ein uraltes
Konservierungs- und Lebensmittel dar, dessen Herstellung zumeist dem Zufall Überlassen
wurde. Erst Hermann Boerhaave (1668-1738) postuliert, dass seiner Meinung nach
durch Licht, Wärme, Luft und eine " Vegetabile Substanz", worunter er
die Essigmutter verstand, die Essigfermentation optimal abläuft. Er
entwickelte den so genannten" Doppelbildner", bei dem sich die
Essigbakterien auf einem Trägermaterial niederlassen konnten, das periodisch
mit alkoholischer Flüssigkeit und Luft in der Wärme umspült wurde. Das erste
einigermaßen zügige Verfahren der Essigbereitung wurde immer weiter
perfektioniert, wobei bis ins 19. Jahrhundert hinein, die Essigfermentation in
weiten Bereichen unaufgeklärt war und häufig sogar der Luftsauerstoff als
Erreger der Essigbildung bezeichnet wurde.
Vitalistische
Gärungstheorie
So
beschäftigte sich die wissenschaftliche Welt noch im Jahre 1820 mit der Aufklärung
der Essigbildung und selbst Justus von Liebig (1803-1873) war noch der Ansicht,
die Essigmutter sei ein Schädling oder eine unwesentliche
Ausscheidung bei der Säurebildung. Erst Traugott Kützing, ein Zeitgenosse von
Liebig, beschreibt eine "vitalistische Gärungstheorie" .erkannte die
Essigmutter unter dem Mikroskop und führte den Beweis dass dieselbe für die Säuerung
von alkoholischen Flüssigkeiten verantwortlich ist. Justus von Liebig war ein
hartnäckiger Gegner dieser Theorie und konnte selbst die Essigbakterien nicht
finden.
Essigbildung durch Bakterien
Obwohl
also bereits die ersten Schnellessigverfahren existierten, war die Theorie in
weitem Bereich unbekannt. Louis Pasteur (1822-1895) erkannte, dass das Erhitzen
(Pasteurisieren) zum Abtöten von Mikroorganismen führt. Somit konnte er mit
einer pasteurisierten Flüssigkeit durch Zugabe von Essigbakterien den Beweis führen,
dass dieselben für die Essigbildung verantwortlich sind und Luft und Wärme als
entsprechende Lebensbedingungen Voraussetzung für optimale Fermentationsleitung
sind.
Während
die alkoholische Gärung eine "echte Gärung" darstellt, ist der im
Volksmund als "Essigsäuregärung" bezeichnete Vorgang der Umsetzung
von Alkohol zu Essigsäure biochemisch gesehen eine unvollständige Oxidation.
Praktische
Herstellung von Fruchtessigen
Die praktische Herstellung von Essigen aus
Apfel-, Birnen-, Frucht- oder Beerenweinen orientiert sich am Oberflächenverfahren.
Dieses älteste Verfahren der Essigbereitung heisst auch Orleans-Verfahren, da es
in der französischen Stadt Orleans entstand. Hierbei entwickelte sich in
aufgeschnittenen Fässern mit Wein eine Essigmutter auf der Oberfläche. So kann
man auch heute im Haushalt kleinere Mengen Essig von hoher Qualität selbst
herstellen. Auf diese Weise gewonnene Essige werden aufgrund hoher Aromatik und
Intensität in Verbindung mit angenehmer Milde geschätzt.
Die Essigmutter
Erster
Schritt der Essigbereitung ist die Beschaffung einer Essigmutterkultur. Diese
ist bei uns unter info@grabermost.ch
erhältlich.
Abdecken gegen
Essigfliegen
Wichtig
ist das Abdecken des Fermentationsgefäßes mit einem Tuch oder Drahtgaze, um
das Eindringen von Essigfliegen zu verhindern. Nach beginnender Essigbildung -immer
an einem warmen Ort - kann der Ansatz vergrössert werden. Also einen
weiteren Liter sauren Most oder Wein einfüllen und 14 Tage ruhen lassen. Danach
den Ansatz wiederum verdoppeln. Dies geschieht so lange, bis die gewünschte
Menge erreicht ist.
Danach
dauert es 6 bis 8 Monate, bis der gesamte Alkohol 1 :1 zu Essigsäure
umgewandelt ist
Aus Apfelmost mit 5%vol Alkohol entsteht Apfelessig mit ebenfalls 5%
Essigsäure.
Haltbarkeit
Der Vorgang ist wie schon erwähnt stark temperaturabhängig und optimalerweise
bei 20 - 28°c
durchzuführen, ansonsten verlängert sich die
Gesamtdauer der Fermentation. Am Ende der Essigbildung verschwindet der
Klebstoffgeruch. Nun wird das Gefäß entleert, die Essigmutter in einen neuen
Ansatz gelegt, der Rohessig für einige Wochen dunkel und kühl gelagert um eine
Selbstklärung einzuleiten. Danach kann die klare Flüssigkeit, der nunmehr
fertige Fruchtessig, vom Trub abgezogen werden. Die Haltbarkeit ist nahezu
unbegrenzt. Sogar 10 Jahre alte Johannisbeer- oder Himbeeressige zeigen noch
deutliche Fruchtaromen. Im täglichen Haushalt wird regelmässig Essig von
der „Mutter entnommen“ und danach neuer vergorener Most oder Wein
dazugegeben.